Leben im Stadtteil

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Friedhof Riensberg – Bestattungskultur im Wandel

„Friedhöfe sind lebendige Anlagen, sie verändern sich ständig – im Wechsel der Jahreszeiten und der kulturellen Konventionen.“

Diese Aussage von Irma Gerken, der Leiterin des Riensberger Friedhofs, wurde uns mehr als deutlich, als wir an einem kühlen Herbsttag mit ihr über die am 1. Mai 1875 eingeweihte Anlage gingen. „Schon das ging mit Veränderung einher: Die innerstädtischen Friedhöfe Herdentor und Doventor wurden geschlossen, die Gebeine zum damals bereits 21ha großen Riensberger Friedhof übergeführt“, berichtete Gerken aus der Geschichte.

Die nächste große Veränderung kam mit der Einführung der Feuerbestattung im Jahre 1891 durch den bremischen Verein für Feuerbestattungen. Das führte zum Bau des Krematoriums, das wiederum im Jahre 1986 geschlossen wurde, da seine Technik vor allem unter Umweltgesichtspunkten veraltet war.

Obwohl die Friedhofsfläche inzwischen ca. 30ha (= ca. 42 Fußballfelder) beträgt und auch die ursprünglich als reine Parkanlage geplanten Randbereiche für Beisetzungen genutzt wurden, finden auf dem Friedhof fast nur noch Urnenbestattungen statt, auch auf halb anonymen Urnenfeldern;

die verbliebenen Erdbestattungsfelder sind zur Zeit belegt. Das Krematorium wurde umgebaut und steht heute als Kolumbarium zur Verfügung, wo in würdiger Umgebung Urnen und Beigaben in einer Art Vitrine für die Trauernden zugänglich sind.

Aber soll nur der Friedhof der angemessene Ort für die Aufbewahrung der Toten sein, sollte Omas Urne nicht auch auf dem Kaminsims oder in der hübsch gestalteten Gartenecke eine letzte Ruhestätte finden können? „Mit dem Gedanken kann ich mich nicht so recht anfreunden“, meine Irma Gerken, „dann ist die Trauerstätte nicht mehr öffentlich zugänglich und alle, die nicht ins Haus der Angehörigen kommen können oder wollen, haben keinen Ort mehr, an dem sie trauern können.“

Dieser Trauerort spielt bei vielen Hinterbliebenen offenbar eine größere Rolle als sie vorher oft zu vermuten bereit sind: „Einmal kam eine verzweifelte Angehörige, die die Asche des Verstorbenen hatte auf See beisetzen lassen und nun dringlich einen Trauerort suchte. Ich konnte ihr am Ende ein Grab vermitteln, wo symbolisch Seewasser vom Bestattungsort beigesetzt wurde.“ In diesem Zusammenhang betonte Gerken, wie wichtig eine eingehende Beratung sei, bevor – manchmal unwiderrufliche – Entscheidungen getroffen werden. „Nicht nur der Bestattungsunternehmer, sondern auch die Friedhofsverwaltung sollte als neutrale Instanz unbedingt in diese Entscheidungsfindung einbezogen werden.“

Veränderungen stehen auch in der Zukunft an: Von Seiten der Stadt gibt es Überlegungen, die nicht denkmalgeschützten Randbereiche des Friedhofs aufzugeben und anderweitiger Nutzung zuzuführen. Aber das sind langfristige Planungen: Die Liegezeit der meisten Grabstellen beträgt mindestens 20 Jahre – und sie kann verlängert werden.

Gisela E. Walter
Joachim Kothe

>> Mehr zur Geschichte des Friedhofs
>> Mehr zum Kolumbarium des Riensberger Friedhofs

Eine Fotostrecke Externes Angebot gibt's hier.

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