Schwachhausen

Text & Fotos: Joachim Kothe

Bunker zum Wohnen

Bunker Scharnhorststraße:

Die Idee hatte er 2004 bei der morgendlichen Lektüre des Wohnungsmarkts im WESER-KURIER: „Warum nicht auf einem Bunker wohnen?“ dachte sich Klaus G., als er die Anzeige eines Bauherren sah, der zwei bereits fertig konzipierte Wohnungen auf dem Bunker in der Scharnhorststraße zum Verkauf anbot.
Gedacht - getan: Bauherr, Architekt und Klaus G. kamen zusammen, nahmen einige kleinere Veränderungen am Grundriss vor und nach einer kurzen Bauzeit von 8 Monaten war 2005 das Domizil im 4. Stock – aber ohne „Untermieter“ - fertig.
Auf dem ca. 400 qm großen Dachgrundstück waren zwei etwas über 100 qm große Wohnungen entstanden, dazu ein ca. 2,50 breiter Umgang mit herrlicher Aussicht nach allen Seiten auf und über die Häuser von Schwachhausen.
Der Zugang für Bewohner, Gäste und notwendige Versorgungsleitungen wird gewährleistet durch einen Anbau mit Treppenhaus und Aufzug.
„Ein bisschen vermisse ich hier oben eine größere Terrasse“, sagt Gisela W., die ebenfalls dort lebt. „Allerdings müsste man überlegen, wie man sich gegen den Wind und die Sonne schützt; Sonnenschirme sind hier oben kaum zu halten!“
Beide Bewohner lieben die Höhenlage, vermissen in ihrer „abgehobenen“ Position allerdings ein wenig den direkten Kontakt zu Nachbarn.
Nach kurzer Eingewöhnungszeit fanden Familie und Freunde die Idee prima, auf einem Bunker zu wohnen. „Besucher aus Amerika und den Niederlanden äußerten allerdings größere Skepsis bis hin zu leichtem Entsetzen, wenn wir ihnen von unserem Wohnort berichteten“, sagte Klaus G.„Wenn sie allerdings erst einmal da waren, hatten sie sich schnell daran gewöhnt, dass wir

auf einem Veteranen aus dem 2. Weltkrieg wohnen.“Klaus G. bereut seinen spontanen Entschluss von 2004 nicht und würde diese Wohnform immer wieder wählen. „Wohnung mit 400 qm Grundstück im 4. Obergeschoss – und wenn die Sonne will, läuft sie täglich drum herum!“

Bunker Claussenstraße

Es war im Jahre 1993, als Architekt Rainer Mielke zum ersten Mal mit dem Gedanken spielte, einen Bunker zu seinem Wohnhaus zu machen. „Ich wohnte mit meiner Frau schon zwei Jahre in der Claussenstraße und ging jeden Morgen auf dem Weg ins Büro an dem Bunker vorbei. Irgendwann kam mir die Idee: Warum nicht oben drauf bauen?“
Doch zu der Zeit war der Gedanke noch so exotisch, dass ihn die Bundesvermögens-verwaltung als Eigentümer des Schutzbaus nahezu für verrückt erklärte. Doch er ließ nicht locker. „Alle paar Monate stand ich wieder vor einem anderen Sachbearbeiter, erst in Bremen, dann in Oldenburg, bis es mir 1998 endlich gelang, über eine verständnisvolle Angestellte die Einwilligung zum Kauf zu bekommen.“
Dann ging alles ziemlich schnell: Innerhalb von 9 Monaten waren der Turm mit Treppenhaus und Fahrstuhlschacht sowie die Wohnung oben auf dem Bunker-Flachdach gebaut. „Natürlich waren die Nachbarn erst sehr skeptisch, aber wir haben in der ganzen Bauzeit ein offenes Haus gehabt und sie immer wieder eingeladen und am Ende war die Begeisterung groß.“
Doch ein Gedanke trieb Mielke immer wieder um: „Mir gehört nun ein ganzer Bunker, nutzen tue ich davon aber eigentlich nur das Dach … “ . Den Anstoß für den Innenausbau gab letztlich der Wunsch seiner Schwester, nach Bremen zu ziehen.
Mielke entwarf mit ihr zusammen eine Wohnung IM Bunker und so entstanden 2006 wieder innerhalb von ca. 9 Monaten etwa 140 qm ganz individuell gestaltete Wohnfläche im Obergeschoss, eine Wohnung von 100 qm und ein Apartment von 40 qm. Größtes Problem dabei war neben der Verlegung von Versorgungsleitungen - wie nicht anders zu erwarten - das Aussägen der Fensteröffnungen - und der Abtransport des herausgeschnittenen Betons. Inzwischen war man aber von Versuchen mit Presslufthämmern und großen Sägeblättern abgekommen und benutzte eine Art riesige Seilsäge, die es möglich macht, verhältnismäßig leise einen Betonblock von 3 x 3 m in drei Tagen herauszutrennen. Die Schneidfläche war allerdings wassergekühlt und bei der Arbeit entstand jede Menge Betonschlamm, der sofort entsorgt werden musste, bevor er irgendwo wieder hart wurde …
Seit dem Jahr 2009/2010 gibt es darunter noch eine weitere Wohnung, die möbliert zur Vermietung steht. Und immer noch ist nicht der ganze Bunker genutzt … .
Ein besonderes Highlight des Hauses ist der „Kulturkeller“ im Untergeschoss - mit Bar auf halber Treppe! - , der schon zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen beherbergt hat und so immer wieder Anlass gab, Nachbarn, Freunden und auch ganz Fremden den Bunker zu öffnen.

„Der Geist des Krieges ist längst raus“, meint Mielke auf Nachfrage. „Zu Anfang wurden wir natürlich oft drauf angesprochen und es waren auch Leute hier, für die der Bunker im Krieg noch Zuflucht war. Da gab es dann tragische, aber auch viele positive und manchmal sogar komische Erinnerungen.“
Auch wenn es keinerlei Gartenfläche gibt, fühlen sich die Mielkes extrem wohl in ihrer Behausung und haben es noch keinen Moment bereut, diesen Schritt gewagt zu haben. „So viel planerische Freiheit in so toller Lage und dazu noch ein tolles ‚Burggefühl‘ hinter meterdicken Mauern gibt es so schnell nicht wieder“, meinte Mielke zum Abschluss des Gesprächs.

Mehr: www.bunkerwohnen.de
Hintergrundmuster ist die geschnittene Betonfläche am Balkon (Bild unten rechts)

Dieser Garten gehört NICHT zum Bunker!

Harter Übergang zum "Original"… !

Alles möglich: Fenster ganz außen …

… oder halb & halb und schräg

Geschosswand & -decke im Treppenaufgang

 

 

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