Nach einer Pause von 10 Jahren kehrte Radio Bremen am 1. April
2017 für eine Beat-Club Sendung in seine Ur-Heimat Schwachhausen
zurück. Anlass war die im Focke-Museum noch bis Juli zu sehende
Ausstellung
„Popmusik in Deutschland“, der man damit die Reverenz
erweisen wollte.
Zurück nach Schwachhausen? Von 1952 bis 2007 sendete Radio
Bremen seine Rundfunkprogramme aus dem Funkhaus an der Heinrich-Hertz-Straße.
Heute gibt es dort nur noch den akustisch hochwertigen Sendesaal
und die Ortsteilbezeichnung „Radio Bremen“ erinnert
an den einstigen Senderstandort.
Auch die Fernsehstudios in Bremen-Osterholz stehen nicht mehr.
Dort wurde unter anderem in den Jahren 1965 bis 1972 auch die
damals revolutionäre Musiksendung „Beat-Club“
mit insgesamt 84 Folgen produziert.
Mit dem Beat-Club bekannt wurde die Moderatorin Uschi Nerke,
die es sich auch nicht nehmen ließ, für einige Jahre
den Beat-Club im Radio wieder aufleben zu lassen. Heute sind es
im Wesentlichen Lutz Hanker und Bernd Schleeßelmann, die
die Beat-Club Tradition fortschreiben und sie waren es auch, die
im Focke-Museum das Zepter, sprich: das Mikrofon, in der Hand
hatten.
Während normale Beat-Club Sendungen nur aus Beiträgen
des Moderators und der Musik bestehen, war das zweistündige
Live-Programm dieses Mal angereichert mit Wortbeiträgen.
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Und zu Wort kamen nicht etwa Stars der Musikszene,
sondern Zuschauer und -hörer, die den Beat-Club im Fernsehen
zumeist noch selbst erlebt hatten.
Einer davon war Frank Thiele (Foto oben). „Ich
bin in Riesa in der ehemaligen DDR aufgewachsen und wir mussten
uns jedes Mal fragen: 'Können und dürfen wir die Sendung
heute sehen'? Unsere Eltern und der gesamte SED Staatsapparat
waren auf den Barrikaden bei solch 'obszöner' Musik“,
berichtete er. Seit 1984 lebt er nun in Delmenhorst und kann die
samstäglichen Radiosendungen ungestört genießen.
Eine andere Sicht auf die Dinge hatte naturgemäß
das Beat-Club Urgestein Hartmut Frensel. Er sorgte damals dafür,
dass mehr oder weniger bekannte Bands im Beat-Club auftraten.
„Das Problem war, dass der Regisseur Mike Leckebusch Live-Auftritte
wollte, die meisten Bands aber nur Playback singen konnten und
wollten“, erinnerte er sich. „Das führte zu manchen
Konflikten. Aber dafür habe ich eines der wenigen von Uschi
Nerke handsignierten Beat-Club T-Shirts“, ergänzte
er stolz.
Brigitte Renke aus Worpswede verhalf der Beat-Club
zu einer zweiten Begegnung mit den Equals. „Die
hatte ich in London zufällig getroffen und von ihnen Autogramme
bekommen. Bei dem Gespräch erwähnten die Equals,
dass sie bald darauf in Bremen sein würden. Ich schrieb an
Mike Leckebusch, bekam zwei Karten für die Sendung und traf
'meine' Equals wieder, die sich auch an unsere Begegnung in London
erinnerten.“
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Susanne Weber machte zu der Zeit mit einer Band selbst in und
um Bremen Musik. „Eines Tages rief Radio Bremen an und fragte,
ob ich mit den Mushroams auftreten würde. Das machte
ich natürlich gern, wobei es für meinen Vater die große
Überraschung war, als er mich im Fernsehen sah, denn er wusste
bis dahin nichts von meinem musikalischen Wirken“, berichtete
sie.
Die jüngsten Gesprächspartner waren Charlotte Knippendorf
und Jonas Wagner. „Ich wurde durch den Musikgeschmack meines
Vaters 'angefixt'“, erzählte Wagner. „Dazu kam,
dass der alte VW Bulli (Foto unten), mit dem ich heute auch nach
Bremen gekommen bin, zwar ein Radio hatte, die Antenne aber defekt
war. So überspielte ich CDs meines Vaters auf Kassette, um
im Auto überhaupt Musik zu haben. Meine Freundin Charlotte
war zunächst etwas verwundert über meinen Musikgeschmack,
findet aber inzwischen auch Gefallen an der Musik.“
Das taten auch die Zuschauer im Focke-Museum, was sie immer wieder
mit stürmischem Beifall bei jeder Anmoderation kundtaten.
Am Schluss versprachen die Moderatoren, über eine weitere
Livesendung nachzudenken und entließen die Gäste mit
dem passenden Lied der Dave Clark Five ins „Wild
Weekend“.
>> Sendung
im Webchannel
Text und Fotos: Joachim Kothe
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