„1968 - 1983: Was für eine Zeit!“ So denken
sicher viele Menschen, die in Bremen aufgewachsen sind und diesen
Zeitraum von 15 Jahren bewusst miterlebt haben. Auch der Verfasser
dieser Zeilen gehört zur 68'er Generation und so manche Erinnerung
an damalige Ereignisse und Bewegungen kommt beim Gang durch die
neue Sonderausstellung des Focke-Museums in ihm hoch.
Und das Schöne ist: Ein neues Ausstellungskonzept des Museums
gestattet ihm dabei viel Freiheit: „Der Besucher wird nicht
mehr an einem Zeitstrahl entlang geleitet, sondern ihm werden
zwischen einem Prolog(raum) und einem Epilog(raum)
sechs Themeninseln angeboten, an denen ihm exemplarisch Erinnerungen,
z.B. an den Protest und neue soziale Bewegungen oder
Bildung und Universität, präsentiert werden“,
erläutert Museumsdirektorin Dr. Frauke von der Haar die Idee.
„Wir wollen damit erproben, wieweit ein solches Konzept
auch für die Neugestaltung der Dauerausstellung tragfähig
ist“, ergänzt sie.
Und es gibt nicht nur viele Dokumente, Plakate und Realgegenstände
aus den wilden Bremer Zeiten zu sehen,
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sondern an rot eingefassten Monitoren erläutern
filmische Dokumente das Thema, während an schwarz eingefassten
Geräten Zeitzeugen zu den Besuchern sprechen.
Gegensätzliche – teils heftig umstrittene
– Positionen werden in der Ausstellung nebeneinander gestellt
und vermitteln auch denen, die keine persönlichen Erinnerungen
mit dieser Zeit verbinden, einen Eindruck davon, wie spannungsgeladen
die 70er-Jahre in Bremen waren. Einzigartige Originalobjekte mit
Kultstatus, wie die Vietcong-Fahne des damaligen Schüleraktivisten
Joachim Barloschky oder die mobile Sendeanlage des Bremer Piratensenders
Radio Zebra , und berührende Erinnerungsstücke,
wie das Kleid, das von einem zwölfjährigen vietnamesischen
Mädchen auf seiner Flucht getragen wurde, sind in der Ausstellung
zu sehen. Diese 70er- Bremensien wecken Erinnerungen
und begleiten die Besucherinnen und Besucher auf ihrer Reise in
die eigene Vergangenheit.
„Um möglichst vielen Menschen mit
dieser Sonderausstellung einen gemeinsamen Erinnerungsraum zu
schaffen und unterschiedliche Perspektiven auf die Themen zu eröffnen,
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die Texte in der Ausstellung dreisprachig: Sowohl auf Deutsch
als auch auf Englisch und Türkisch sind Informationen verfügbar“,
erläutert der Kurator Dr. Bora Aksen. Zudem bietet diese
Epoche, laut Dr. Frauke von der Haar eine besonders gute Gelegenheit
dafür, das Thema Migration als Querschnittsthema aufzumachen;
„ein Thema, das – wie die anderen Themen, die in der
Ausstellung präsentiert werden, auch – für die
Überarbeitung unserer Dauerausstellung von großer Bedeutung
ist“.
An einem besonderen Medienterminal, das auch online zugänglich
sein wird, haben Besucher Gelegenheit, ihre eigenen Erinnerungen
an diese Zeit zu Protokoll zu geben.
Mit dem Café 68, das ab dem 10. Oktober jeden
2. Dienstag stattfindet, bietet das Focke-Museum Bremerinnen und
Bremern zusätzlich die Möglichkeit, sich regelmäßig
über das Bremen der 70er auszutauschen und sich selbst –
mit eigenen Geschichten, Fotos und Erinnerungsstücken –
in die neue Ausstellung einzubringen.
Die Ausstellung läuft bis zum 1. Juli 2018.
Hier gibt es Infos zum Begleitprogramm
und den Flyer.
Text und Fotos: Joachim Kothe
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