Titanic ist - endlich - mal
wieder ein Musical mit Tiefgang - in diesem Falle in vielschichtiger
Wortbedeutung - im Gegensatz zu den letzten beiden Aufführungen
am Kippenberg Gymnasium, die zwar ebenfalls hervorragend waren
(siehe Fotos und Berichte) wobei allerdings Musik und leichte
Unterhaltung im Mittelpunkt standen, weniger ein anspruchsvoller
Inhalt.
Titanic als Musical entpuppt sich dabei als musikalisch
stimmungsvoll und vom 24 köpfigen Schulorchester unter der
bewährten Leitung von Frauke Schubert gekonnt begleitetes
vielschichtiges Drama um die Jungfernfahrt und den Untergang des
eigentlich für unsinkbar gehaltenen Ozeandampfers im Jahr
1912. Leider waren die Laienschauspieler den anspruchsvollen Gesangspartien
nicht immer ganz gewachsen, wovon sie sich in ihrer Spielfreude
jedoch nicht beeinflussen ließen.
Den jugendlichen Darstellern gelingt es in einem - für Kippenberg’sche
Verhältnisse - stark reduzierten und doch eindrucksvollen
Bühnenbild unter der Regie von Nina Arena überzeugend,
die Emotionen der - zumeist auswandernden - Passagiere rüberzubringen,
angefangen von Abschiedsschmerz und Vorfreude auf Amerika beim
Einschiffen über Partyszenen an Bord bis hin zur
|
Verzweiflung im Angesicht des nahenden Untergangs und der Gewissheit,
dass es nicht genug Rettungsboote für alle gibt. Dabei werden
auch die Klassenunterschiede zwischen den Passagieren der ersten
und dritten Klasse pointiert und dennoch unterhaltsam demonstriert.
Elias Krüger als Kapitän John Smith, Frederik van der
Meer als Schiffskonstrukteur Andrews und Philipp Heise als ungeduldiger
Reeder Ismay schaffen es, dem Publikum ihre inneren und äußeren
Konflikte im Kampf um Sicherheit vs. Schnelligkeit zu vermitteln
und zeigen viel schauspielerisches Talent insbesondere angesichts
des drohenden Untergangs des Schiffes.
Ein Anliegen der Aufführung war es auch, den Blick auf Parallelen
des Untergangs des Auswanderschiffes Titanic zu den aktuellen
diversen Tragödien von Flüchtlingsbooten im Mittelmeer
zu lenken.
Seit 1993 werden am Kippenberg Gymnasium in jedem zweiten Jahr
Musicals zur Aufführung gebracht. Was bringt Schülerinnen
und Schüler dazu, dabei mitzumachen? Alisa Hrudnik in der
Rolle der Alice beantwortet die Frage so: „Ich habe die
Musicalvorstellungen der Schule schon die Jahre davor gesehen,
war immer davon begeistert und wollte jetzt auch mal selber die
Erfahrung machen, bei so etwas mitzuarbeiten.“
|
Und Hagen Hegeler (Farell) ergänzt: „Ich habe schon
vor zwei Jahren beim Musical mitgemacht und das fand ich toll.
Da hatte ich zwar nicht so viel zu sagen, aber trotzdem hat das
Spaß gemacht und deswegen wollte ich auch dieses Jahr mitmachen.“
Geplant wird so ein Musical etwa ein Jahr im Voraus. „Eine
Musicalaufführung bedeutet richtig viel Arbeit und deswegen
findet sie auch nur alle zwei Jahre statt“, berichtet Regisseurin
Nina Arena. „Schwierig ist, dass unsere Schauspieler alle
ziemlich in einem Alter sind, wir aber bei jedem Musical unterschiedliche
Altersstufen, Männer und Frauen brauchen. Da ist einfach
Improvisation gefragt.“
Und warum gerade Titanic? Arena hat eine einfache Antwort:
„Für die meisten aktuellen Musicals bekommen wir gar
keine Rechte. Es ist schwierig, dass man ein Musical überhaupt
aufführen darf. Deswegen müssen wir immer frühzeitig
gucken, welches wir spielen dürfen.“
So bleibt nun zu hoffen, dass nach acht ausverkauften Vorstellungen
es im kommenden Jahr wieder gelingt, auch für 2021 ein spannendes
und unterhaltsames Musical zu finden und es auf die Bühne
des Kippenberg Gymnasiums zu stellen.
Text & Fotos: Joachim Kothe
|