Schwachhausen

aktuell:


Text und Fotos: Joachim KotheText & Fotos: Joachim Kothe

Ein Musical (nicht nur) als Geschichtsstunde

„Napoleon - mon amour“ - aufgeführt am Kippenberg Gymnasium

Ein leichtes, lockeres und ziemlich inhaltsarmes Musical hatte ich auf Grund der ersten Ankündigungen in diesem Jahr im Kippenberg-Gymnasium erwartet - und wurde - angenehm - enttäuscht: Ja, in erster Linie ging es in „Napoleon- mon amour“ um die Liebschaften des französischen Herrschers (1769 - 1821), aber auch die französische Revolution war Thema sowie sein von weltweitem Eroberungswahn getriebener blutiger Feldzug (1796 - 1813) hinterließ in einer intensiven und berührenden Szene und der Hintergrundprojektion der jeweiligen Verlustzahlen starken Eindruck. Dabei konnte wohl kein Zuschauer umhin, an den gerade stattfindenden Feldzug Putins gegen die Ukraine zu denken, obwohl davon bei der Entstehung des Musicals noch keine Rede war.

Aber zurück zum Anfang und zum Inhalt:

Die junge Seidenhändlerstochter Desiree Clary bekommt von ihrem Vater kurz vor dessen Tod ein Tagebuch geschenkt. Aber was soll sie hineinschreiben? In ihrem Leben passiert ja nichts ... Doch dann überschlagen sich die Ereignisse: Desiree darf ihren Bruder Etienne ins Schloss Versailles begleiten und lernt die Königin MarieAntoinette bei einem rauschenden Fest kennen. Zur selben Zeit gärt es im verarmten hungernden Volk. In einer Kaschemme rufen die Revolutionäre Talleyrand und Lafayette zum Sturm auf die Bastille auf.

Etienne wird als Lieferant der Königin verhaftet. Als Desiree und ihre Schwester Julie ihn im Gefängnis besuchen wollen, lernen sie den Kommandanten Joseph Bonaparte, Napoleons Bruder, kennen. Joseph setzt sich für Etiennes Freiheit ein und es entwickelt sich eine Liebesgeschichte zwischen Julie und Joseph. Zu einem Picknick nehmen sie ihre Geschwister Desiree und Napoleon mit, die sich ebenfalls ineinander verlieben.

Auf Julies Hochzeit verloben sich Desiree und Napoleon. Aber das Glück währt nicht lange. Napoleon wird nach Paris versetzt und Desiree hört immer seltener von ihm. Deshalb brennt sie nach Paris durch und überrascht ihn auf einer Feier im Salon von Josephine. überrascht wird jedoch Desiree, denn Napoleon verkündet gerade seine Verlobung mit Josephine!
Verzweifelt stürzt Desiree davon und der Graf von Bernadotte kann sie gerade noch davon abhalten, sich in die Seine zu stürzen.

Im weiteren Verlauf der Geschichte heiratet Napoleon Josephine und seine Karriere nimmt Fahrt auf. Er krönt sich selbst zum Kaiser und erobert beinahe ganz Europa. Aber um welchen Preis? ,,Heiligt der Zweck die Mittel?", fragt Desiree, als Napoleon ihr nach der verlorenen Schlacht von Waterloo seinen Degen als Zeichen der Kapitulation übergibt. Desiree bleibt lebenslang Napoleons Freundin und sein Gewissen. Sie hat inzwischen Bernadotte geheiratet, der von den Schweden zum Kronprinzen ernannt wird. So wendet sich am Ende das Blatt: Napoleon geht ins Exil, Desiree wird Königin von Schweden.

Nach den Aufführungen etlicher „etablierter“ Musicals in der Vergangenheit hat sich das Musicial-Team des Kippenberg Gymnasiums erstmalig an eine komplette Eigenproduktion gewagt. Mit Hilfe zweier externer Profis gelang es so, etwas komplett Neues zu schaffen, das aber dennoch zur Freude des Publikums vor allem bei den eingebauten Popsongs auf bekanntes Musikmaterial zurückgriff.

Nina Arena, hauptberuflich Schauspielerin und Regisseurin, hat das Musical geschrieben, es mit den Schülerinnen und Schülern produziert und auch Regie geführt. Im Interview sagt sie: „Dabei ist meine Aufgabe zweigeteilt. Zum einen erarbeite ich mit den Schauspielerinnen die Schauspielszenen im Stück, zum anderen inszeniere ich aber auch das gesamte Projekt, ich übernehme also die Produktion.
So kümmere ich mich auch um den gesamten technischen Bereich, also Licht, Ton, Musik, Bühnenbild, aber ebenso natürlich um die Bereiche Schauspiel, Gesang und Tanz, denn im Musical sind auch die Tänzer bzw. Sänger Musical-Darsteller, d.h. sie müssen auch in den Szenen als Schauspieler agieren. Sobald also die Tanzchoreografien und Gesangsnummern stehen, mache ich das sog. ,,staging", d.h. ich bringe das dann auf die Bühne, damit es auch zur Schauspielszene passt.“

Zweiter „Externer“ ist der Dirigent und Chorleiter Nicolas Hrudnik, der den Chor und den musikalischen Teil des Musicals arrangiert hat. „Ganz wichtig ist natürlich, dass die Musik den Schülerinnen gefällt.
Ich lasse mich bei der Auswahl gerne von meinem persönlichen Geschmack und spontanen Anregungen oder Eindrücken leiten.
Ideen und Vorschläge der Solisten und der Regisseurin sind auch umgesetzt worden. Im zweiten Schritt prüfe ich dann, ob sich die einzelnen Titel für ein Arrangement für das zur Verfügung stehende Ensemble eignen.

Von Beginn an war klar, dass Popsongs verschiedener Gruppen und Solokünstler die Grundlage für das Musical bilden.“

Herausgekommen nach langer Entwicklungszeit und von Corona-Problemen immer wieder unterbrochen ist eine vom Publikum mit reichlich Zwischenapplaus und frenetischem Schlussbeifall bedachte nahezu perfekte Produktion, die über mehr als 120 Minuten zu fesseln vermochte und gleichzeitig nicht nur sehr unterhaltsam sondern auch eine kleine Lektion in französischer Geschichte war.

Die Darsteller sowohl in den Haupt- als auch in den Nebenrollen stellten die historischen Figuren und Vorgänge glaubhaft dar, wenn sie auch gesanglich nicht immer zu überzeugen vermochten. Johannes Franzius als Napoleon und Hagen Hegeler als Graf Bernadotte spielten ihre Rollen facettenreich und ausdrucksstark, mit intensivem Spiel begleitet von Alisa Hrudnik als Desiree Clary und Naomi Haß als Josephine.

Zum überzeugenden Gesamteindruck trug neben den begabten Schauspielern, einem hervorragenden Orchester und einem ausgezeichneten Chor außerdem das vom Kunst-Leistungskurs unter Leitung von Elke Bultmann abwechslungsreich gestaltete Bühnenbild bei sowie auch die perfekte Lichtführung und sonstige Technik, die von Timo Marksfeld, Eike Dahle und Schülern des Jahrgangs 9 kompetent gemeistert wurde.

Alles in allem erneut eine perfekte Inszenierung, die Lust auf weitere Musicals am Kippenberg Gymnasium macht.


mit ausführlichen Informationen
auf 28 Seiten zum Download.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


>> zu Fotos von „Oliver“ (2013)   >> zu Fotos von „Annie get your Gun“ (2015)  
>> zum Bericht und Fotos zu „Hello Dolly“(2017)
      >> zum Bericht und Fotos zu „Titanic“ (2019)

»Dead or only asleep??« - 30x30 cm - Photoshop-Kreation 2022

@Kontakt / Kommentare @